Anstatt die Pressevertreter vor Rechtsextremen zu schützen, ließ die Polizei sie im Stich. Ein erschreckender Einblick in Magdeburger Verhältnisse.
Stellen Sie sich vor, Sie sind Journalist und sollen über den Verlauf einer rechtsradikalen Demonstration berichten. Die Polizei hat Ihnen extra einen Platz zugewiesen, an dem Sie sich bitte aufhalten müssen. Doch plötzlich rennen die anwesenden Beamten, die Sie eigentlich beschützen sollen, einfach weg und lassen Sie alleine zurück – umzingelt von militanten Rechtsextremisten.
Genau dies ist Samstagabend vorvergangener Woche in Magdeburg passiert, einen Tag nach dem Anschlag auf den dortigen Weihnachtsmarkt.
[…]
Dass ich selbst an diesem Abend nicht attackiert wurde, habe ich übrigens nicht der Polizei zu verdanken, sondern einer kleinen Gruppe Magdeburger AntifaschistInnen, die vor Ort war, um gegen den Aufmarsch der Rechtsextremen zu protestieren. In meiner Notlage ging ich direkt auf diese Menschen zu, erläuterte ihnen das Verhalten der Polizei sowie unsere Lage und fragte, ob sie bereit seien, mich und mehrere andere Vertreter bürgerlicher Medien zu beschützen. Sie waren es. Somit konnten wir uns in ihre Mitte stellen und von dort weiter unserer Arbeit nachgehen.
Man muss sich das klarmachen: Die Aufgabe der Polizei, freie Berichterstattung zu ermöglichen, wurde in Magdeburg an diesem Abend nicht vom Staat geleistet, sondern von zumeist jungen Frauen und Männern, die sich antifaschistisch engagieren.
[…]
Die Beamten unternahmen auch nichts gegen „Ausländer raus“-Rufe oder dagegen, dass Teile der Rechtsextremen vermummt blieben. Selbst dann nicht, als diese Vermummten direkt neben ihnen standen. Immer wieder mussten sich Journalisten von Rechtsextremen beleidigen und bedrohen lassen. Der Fotograf, dessen Smartphone zerschmettert wurde, sagt: „Als Journalist warst Du komplett auf Dich allein gestellt.“
[…]
Nun ist es leider so, dass die Aggressionen gegen Migranten in Magdeburg seit dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt zugenommen haben. Ich habe Sorge, dass die Polizei hier ähnliche Prioritäten setzt wie am Abend der Proteste.
[…]